Indien Trilogie – Teil 1

Written by Sebastian on Oktober 9th, 2011. Posted in Allgemein

p1060516-2Sebastian: Nach einer unglaublichen Reise durch Pakistan übersiedeln wir nun nach Indien. Die Grenzformalitäten sind auch diesmal kein Problem und nach rund 2,5h Stunden sind wir da raus und dort rein. Wir wollen die erste Nacht in Amritsar verbringen, doch vor Ort kommen wir schnell von diesem Plan ab. Die Stadt ist mit dem Motorrad kaum zu bereisen, die schmalen, schmutzigen Straßen sind verstopft, es ist heiß und schwül und noch dazu reißt mir ein Rikschafahrer den rechten Koffer vom Motorrad und fährt dann gemütlich weiter. Martin kämpft unterdessen verbittert, um wieder zu mir zurückzukommen. Er ist vorgefahren und schafft es kaum umzudrehen, so verstellt ist die kleine Gasse – und Platz macht hier keiner. Gott sei Dank nehmen weder Koffer noch Halterung Schaden und wir können die Stadt so schnell verlassen wie wir gekommen sind. Unser neuer Plan – wir fahren direkt nach Dharamsala und klopfen dort mal kurz beim Dalai Lama an die Tür – vielleicht ist er zu Hause :).

Die Fahrt wird recht anstrengend, da wir uns trotz unserer Erfahrung in den Ländern zuvor erst an den ungewohnten „suicididal tendendencies“ Fahrstil der Inder gewöhnen müssen… auch wenn es anfangs nur gerade aus geht, müssen wir ständig hellwach sein, um nicht über den Haufen gefahren zu werden. Dass die Hupe hier wichtiger als alle anderen Bestandteile des Fahrzeugs sind merken wir schnell und die unsrigen werden dementsprechend genutzt. Auf den ersten Kilometern fragen wir uns wie es möglich ist, dass hier der Straßenrand nicht mit Autowracks übersät ist… die lokale Fahrweise ist derart rücksichtslos und egoistisch, dass mir das erste Mal auf der Reise ein Gefühl der Antipathie für die Leute vor Ort hochkommt.

Nach ein paar Stunden verändert sich auf einmal die Umgebung und wir fahren auf einer kurvigen Straße durch eine einem Dschungel ähnliche Landschaft… (ja, Sonnenuntergang ist auch diesmal dabei 🙂 ). Wie aus dem Nichts sitzen auf einmal Affen am Straßenrand und warten darauf, dass wir ihnen Bananen zuwerfen – vergeblich! Wir haben gerade heute keine dabei 😀

p1060527-2Reifenpanne die Erste

Dass meine vorher erwähnte Abneigungsanwandlung natürlich vollkommen unnötig ist, merke ich schnell – als nämlich (erstmals auf der Reise) der vordere Reifen seinen Dienst verweigert und ihm die Luft ausgeht. Dass dies auf einer eigentlich tadellosen Strasse und nicht auf den schon hunderten Kilometern auf Schotter-, Geröll oder Schlachlochpisten passiert, ist natürlich die pure Ironie. Gerade mal ausgerollt bleiben auch schon 2 Jungs, Nikhil und Prince, neben uns stehen und analysieren die Lage. Zwei Minuten später steht die Maschine beim nächsten Reifenflicker und eine Menschentraube bildet sich rund um uns. Nikhil fängt im Übereifer schon mal an , das Vorderrad auszubauen und ich muss mich regelrecht aufdrängen, damit wir überhaupt mal einen Blick in die „Bedienungsanleitung“ werfen bevor geschraubt wird. Das Rad lässt sich zu meiner Überraschung dann jedoch wirklich deppeneinfach ausbauen (danke KTM 🙂 ) und liegt sofort beim Flicken.

Martin ist unterdessen auf einer Spritztour mit den Bikes der Beiden und ist komplett von den kleinen 125ccm Raketen begeistert – bekommt er doch hier endlich beide Beine auf den Boden! Der Reparaturmeister attestiert mir in der Zwischenzeit gleich 2 (!) Löcher welche aber keine 10 Minuten später auch geflickt sind. Nach gut einer  Stunde harter Arbeit steht meine kleine Escargot wie neu vor mir und ich bedanke mich herzlichst bei den Beiden, die uns ein wirklich große Hilfe waren und sogar darauf bestehen die Kosten für die Reparatur selbst zu übernehmen…!

Ich muss zugeben, dass mir beim Zusehen allerdings zeitweise auch Angst und Bange wurde, vor Allem als der Herr Reifenflicker auf mein Rad stieg, um den Reifen wieder auf die Felge zu zwingen. Das ist so ziemlich genau DAS was man NICHT machen soll, will man die sauteuren Bremsscheiben nicht beschädigen. Während der Weiterfahrt bin ich dann allerdings unheimlich glücklich, dass dieser Zwischenfall passiert ist, denn genau solche Situationen gehören zu einer Weltreise wie das Salz in die Suppe!

p1060696-2McLeod Ganj

In Dharamsala bleiben wir 2 Tage und ziehen dann gleich weiter nach McLeod Ganj wo wir 5 sehr relaxte Tage verbringen. Nach dem missglücktem Aufstand der Tibeter gegen die Chinesen im Jahr 1959 wurde dem Dalai Lama hier Exil gewährt. Seit 1960 ist es das Zentrum der tibetischen Exilregierung und die Heimat vieler tibetischer Flüchtlinge. Von unserem Hotel aus haben wir einen traumhaften Blick in das Tal, über dem sich jeden Tag wunderschöne Wolkenkonstellationen bilden, die mir so höchstens aus chinesischen Filmen à la Tiger and Dragon bekannt waren. Eigentlich sitzen wir oft nur da und beobachten dieses Naturschauspiel gespannt :). Herrn Dalai Lama, dessen Residenz wir übrigens von unserem Balkon aus auch überblicken, konnten wir leider nicht besuchen, da er es offensichtlich nicht geschafft hat, seinen Terminkalender mit dem unseren abzustimmen – er hat scheinbar eine Reise in Kanada unserer Bekanntschaft vorgezogen… schade :(. Stattdessen besuchen wir halt einfach seine Gompa (Kloster) und geben uns damit zufrieden :).

p1070257-2Beim Gespräch mit ein paar netten Indern wird uns auch klar, dass wir unsere Weiterfahrt problemlos über die „Krisenregion“ Jammu & Kashmir planen können. Mehrmals wird bestätigt, dass die Gegend sicher ist, somit ist beschlossen – das machen wir! Das Risiko, dass bis zu unserer Ankunft einige Pässe in der Gegend wegen Schneefalls gesperrt sind nehmen wir einfach mal in Kauf und sollten dafür belohnt werden… Die Schleife führt uns über Jammu und Srinagar in die Himalaya Region und dann direkt nach Leh – den Knotenpunkt für alle Touristen die diese Gegend besuchen.

Die ersten 2 Tage bis nach Srinagar sind relativ beschwerlich, viel Verkehr und teils ruppige Straßen vergällen uns den Genuss. Nachdem wir entlang der Strecke dann auch noch das Wrack eines am Vortag abgestürzten Busses (42 Tote) am Abgrund entdecken, fahren wir gleich noch einen Zacken vorsichtiger um die Kurven und fangen an wie die Einheimischen zu hupen was das Zeug hält.

Als wir langsam in die Berge kommen passt wieder alles zusammen. Traumhafte Landschaften, herrliches Wetter und frische Luft – das ist es was wir (also die Luft nur ich 😀 ) benötigen :). In Sonamarg, einem in einem kleinen Tal gelegenen Dorf, tanken wir die Akkus wieder auf. Eine weitere Nacht verbringen wir dann in Kargil, einer der letzten muslimischen Ortschaften welche überdies nur ganz knapp an der pakistanischen Grenze liegt (hier sieht man sogar Poster von Ayatollah Khomeini!). Wenn es in der Region kriselt, dann hier besonders.

p1060889-2Wirklich wunderschön ist dann der letzte Teilabschnitt von Kargil nach Leh. Die Berge sind dermaßen beeindruckend, dass ich fast alle 100 Meter für einen weiteren Schnappschuss stehen bleibe. Wir sind nun richtig in der Himalaya Region angekommen und es ist schon wieder mal einer dieser unbezahlbaren Momente, an dem man sich über viele Sachen klar wird und weiß, dass man das dabei ist das einzig Richtige zu tun.

dsc_0025-2In Leh angekommen, suchen wir uns ein günstiges aber sehr nettes Hotel und entspannen wieder ein paar Tage. Es ist gerade Anfang der Nachsaison und wir genießen die recht leeren Straßen und Restaurants. Das Wetter spielt nach wie vor perfekt mit… Sonnenschein und so gut wie keine Wolke am Himmel – I like sooo much! Vor Ort besuchen wir ein Kloster von dem aus wir einen traumhaften Blick über Leh bis hin zur Stock Range, einer gut 6000 Meter hohen Bergekette haben. Wir organisieren noch die Permits, die wir benötigen werden, um die höchsten befahrbaren Pässe der Welt zu erklimmen und den Pangong Lake (ein Salzsee auf rund 4300 Meter Höhe) zu besuchen… und dazu gibt es mehr in Teil 2 der Indien Trilogie 🙂

404