Armenien
Sebastian: Bis zur Grenze tut sich nicht mehr sehr viel, die Fahrt verläuft problemlos und zügig. Sowohl die Aus- als auch die Einreise gehen schnell von Statten, wir müssen lediglich ein armenisches Visum kaufen und sind durch. Da wir die Strecke über Georgien und Armenien ursprünglich nicht geplant und somit keine Ahnung hatten, ob wir überhaupt einreisen können, sind wir ziemlich froh, dass es gut geklappt hat.
Die Landschaft im Norden Armeniens scheint mir ähnlich der Mongolei zu sein (oder das was ich mir darunter vorstelle). Wir fahren auf rund 2000m und bewegen uns auf einem von Hügeln umgebenen Hochplateau. Die Straßen sind auch hier ausgezeichnet und wir kommen gut voran bis wir am frühen Abend in Jerewan ankommen und uns dort gleich für das erste Hotel entscheiden. Die Bude erscheint uns fast wie ein Casino oder Nachtclub und ich amüsiere mich mit dem Gedanken, wo wir noch gestern geschlafen haben und wo wir heute nächtigen werden. Nachdem wir unsere Sachen abgelegt und kurz geduscht haben, fahren wir auch gleich ins City Center. Ich bin wie üblich hungrig und will außerdem ein wenig unter Leute kommen. Eigentlich bin ich auf heruntergekommene, kommunistische Gebäude und eine entsprechende Stimmung eingestellt aber weit gefehlt. Jerewan ist im Stadtkern eine wunderschöne und fast schon moderne Stadt. WLAN in jedem Kaffee, eine Einkaufsstraße mit Shops der bekanntesten Marken und sogar ein Armenian Fried Chicken Fast Food Laden (gleich neben einem KFC).
Nach diesem sehr positiven ersten Eindruck ist schnell beschlossen, dass wir etwas länger bleiben und an unseren Artikeln arbeiten. Internet wird langsam aber sicher Luxus, somit nutzen wir die Gunst der Stunde und setzen uns am nächsten Tag in ein Kaffee und verbringen dort einige Stunden tippenderweise. Martin schreibt gerade wie in Trance an seinem Blogeintrag und genehmigt sich eine Wasserpfeife, deshalb beschließe ich mich mal ein bisschen in der Stadt umzusehen. Zufälligerweise gelange ich direkt zum Museum der Künste welches in einen Hang gebaut ist und auf das man über gefühlte 10.000 Stufen hinaufklettern kann. Das sich der kräfteraubende Aufstieg lohnt merke ich, als ich mich umdrehe und in der Ferne den über 5000 Meter hohen Berg Ararat sehe. Er steigt wie aus dem nichts empor, neben sich der kleine Bruder (Kleiner Ararat) und sonst nichts. Der Anblick ist beeindruckend. Nicht umsonst ist dieser Berg den Armeniern heilig, auch wenn sie ihn Anfang des 20. Jahrhunderts an die Türken verloren haben.
Nachdem Martin sein Werk unter Blutschweiß vollendet hat möchte ich ihm dieses Naturwunder zeigen, die Sicht ist allerdings leider extrem schlecht und man kann den Berg nur schemenhaft erkennen. Umso erfreulicher ist allerdings, dass sich zu diesem Zeitpunkt jede Menge tanzwütiger Leute am Fusse des Hügels versammelten um traditionelle armenische Tänze zu üben. Die Musik war ausgesprochen feurig und die Stimmung dementsprechend gut. Nach einem netten Abendessen gingen wir fuhren wir dann hundemüde ins Hotel und fielen in die Betten.
Den letzten Tag in Jerewan verbrachten wir ähnlich mit Artikelgetippsel und Herumschlendern. Unterm Strich kann man sagen, dass diese Stadt durchaus einen Besuch wert ist und uns der auf den ersten Blick hohe Lebensstandard überrascht hat. Woher allerdings das Geld kommt, wollte uns niemand so schnell beantworten… Eine nette Überraschung war noch eine Wasserschlacht am Morgen unserer Abfahrt. In Armenien wurde an diesem Tag (ich bilde mir ein es war der 31.07) der Tag des Wassers gefeiert und alle bespritzen sich gegenseitig mit Wasser.
Wir fahren nun komplett durchnässt an den Sevan See, den Süsswasserspeicher Armeniens, wie wir später in einem Gespräch mit einem Piloten erfahren. Er liegt ca. 60 km nordöstlich von Jerewan und ist somit so etwas wie ein Naherholungsgebiet der Stadt. Als wir ankommen bin ich ein wenig enttäuscht, denn auf den ersten Blick sieht die Gegend nicht berauschend aus. Als wir allerdings ein Quartier direkt am Wasser finden, sehen wir wie wunderschön klar das Wasser ist. Wir schälen uns aus dem Motorradgewand und springen sofort ins kühle Nass. Für mich ist es einfach immer ein Genuss im Wasser herumzutollen, egal ob Fluss, See oder Meer – ich bin also wieder mal so richtig happy.
Nachdem uns der oben erwähnte Pilot, mit dem Martin am Abend ins Gespräch kommt von wunderbarer Landschaft und sehenswerten Kirchen in der Region BergKarabach (eine so wie es scheint autonome Region) entscheiden wir uns einen Umweg auf dem Weg Richtung Iran zu machen. Bis jetzt hat es sich noch immer ausgezahlt auf die Einheimischen zu hören. Die Fahrt sollte auch entsprechend ausfallen 🙂
Wir brechen als am Vormittag auf uns machen uns auf einige Offroadstrecken gefasst. Das wir im Endeffekt stundenlang auf Schotterstrassen unterwegs sein werden ist uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst. Es geht über einen gut 2000 Meter hohen Pass, dann über einen Kamm in ein Tal und dort noch eine Ewigkeit durch ein Tal. Als mir vor Hunger schon beinahe der Magen durchbricht (die Gegend war so gut wie menschenleer) kommen wir endlich an einem kleinem Shop vorbei. Wir steigen ab und sind wie üblich sofort von freundlichen Menschen umringt. Im Shop kaufen wir ein bisschen Brot und Wurst welche uns aufgeschnitten und mit Gemüse serviert wird. Danach gibt es noch Wassermelone. Das alles neben einer quickfidelen Oma, die ein paar Worte Deutsch spricht und mich auch ziemlich schnell mit Ihrer Enkelin verheiraten will. Das ist der richtige Moment um Abschied zu nehmen und so sind wir auch wieder dahin.
Nach einer tollen aber auch endlosen Fahrt kommen wir endlich in Stepanakert an, der Hauptstadt dieser Region und nehmen wie so oft das erstbeste Hotel. Hier spielen sich schier unvorstellbare Szenen ab ohne, dass wir etwas davon bemerken. In der Nacht werden 2 Gäste rücksichtslos von Gelsen (Mücken für die deutschen Freunde) des Stealthtyps massakriert. Wieso Stealthtyp? Weil man sie weder hören noch sehen konnte, diese Scheiss Viecher. Und die Gäste waren natürlich wir. Nach rund einem Monat ohne einem einzigen Gelsenstich zog ich hier mit rund 35 derselben juckenden Minibeulen ab. Martin hat’s zwar auch ganz gut erwischt, allerdings ist seine Reaktion sehr mild wohingegen mein Körper alles daran setzt, dass die Dinger auch so richtig rot werden und ich vom Kratzen schon fast erschöpft bin.
Am Folgetag wollen wir gleich weiter bis zur iranischen Grenze. Doch leichter gesagt als getan. Als wir aus Berg Karapach ausreisen wollen kommen wir nicht weit. Der nette Herr am Schranken verweigert uns die „Ausreise“ und wir dürfen rund 4 Extrastunden Kurvenfahren, um zurück in Stepanaker ein Visum abzuholen. Darauf wurden wir bei der Einreise nicht aufmerksam gemacht, und obwohl wir schon davon hörten haben wir uns auch selbst nicht darum gekümmert. Also, mit den Worten meiner lieben Grossmutter: „SSKM, selbst schuld, kein Mitleid!“ Da die Gegend wunderschön ist, stellt uns das auch nicht vor größere Probleme. Nachdem uns die Ausreise dann endlich gestattet wird, sind wir natürlich schon wieder verspätet und nehmen deshalb noch vor der Grenze ein Hotel. Dort wird uns noch ein Route ans Herz gelegt, die wir am nächsten Tag auch nehmen und die unsere Erwartungen bei weitem Erfüllt. Eine Kurvenhatz auf bestem Belag und durch schier unglaublichen Berglandschaften bis zur Grenze ist das erste Geschenk des Tages, das zweite wartet hinter der Trennlinie zwischen Armenien und Iran auf uns.
An der Grenze angekommen, bin ich schon ein wenig angespannt, zu Vieles hört man über die Einreise in den Iran, vor Allem mit eigenem KFZ. Als wir denken schon aus Armenien ausgereist zu sein, werden wir dann zum Warten verdonnert, bis endlich eine Lady kam um unsere Dokumente zu kontrollieren. Die 40°C im Schatten tun das ihre, um zumindest Martin den letzten Tropfen Wasser aus seinem Körper zu verdampfen. Als dann klar ist, dass weiter können merkten wir erst, dass das eigentlich erst die armenische Kontrolle ist und uns die iranische noch bevorsteht. Mit mulmigen Gefühl und auf einen halben Tag Wartezeit eingestellt fahren wir also zum nächsten Schranken. Siehe da, von A-Z verläuft alles einwandfrei, erst wird der Pass abgestempelt, dann die Fahrzeugdokumente kontrolliert und ein bisschen geplaudert und schon sind wir im Iran. Ich bin innerlich richtig aufgekratzt, der Iran ist einer der Highlights für mich und ich kann es gar nicht mehr erwarten weiterzufahren. So schnell kann’s gehen, freuen wir uns und nachdem Martin den Getränkevorrat für uns beide wieder aufgestockt hat geht’s los – IRAN zeig uns was Du kannst!!!