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Written by Sebastian on Juni 4th, 2012. Posted in Allgemein

Martin: In O“Higgins endet nicht nur die Carretera Austral sondern jegliche Strasse weiter in den Süden. Um weiter ins chilenische Patagonien vorzudringen muss man zunächst nach Argentinien, wo sich mit dem Roballo Pass ein wenig weiter im Norden, die nächstgelegene Grenze befindet. Über eine wunderschöne Schotterpiste fahren wir durch scheinbar unberührte Natur, an Herden von Lamas und Sträußen vorbei, die friedlich und in Freiheit auf dem hügeligen Hochplateau herumschlendern, bis wir die chilenische Grenzstation erreichen, ein Gebäude im Nirgendwo. Beide sind wir hin und weg, die Landschaft ist einfach traumhaft und wiedermal haben wir einen der Momente, wo wir beide wissen, dass wir das für uns Richtige tun, dankbar dies sehen und erleben zu dürfen…

Die Formalitäten sind schnell erledigt und im Niemandsland gehts weiter bis zur argentinischen Grenze, wo wir an einem Salzsee mit Flamingos und Gänsen vorbeikommen. Auch die argentinische Grenze ist schnell passiert und  auf Schotter fahren wir Richtung Bajo Caracoles, dem ersten Örtchen nach der Grenze. Am Weg dahin treffen wir allerdings einen Argentinier, der uns vor dem Dörfchen warnt… lauter Diebe und Halsabschneider, meint er. Und wie recht er hat 🙂 Als es anfängt zu Dämmern erreichen wir das Dorf, Dorf ist ein wenig übertrieben, eine Ansammlung von ein paar Haeusschen mitten im Nirgendwo, mit Tankstelle, einer Bar und einem Hostel. Nachdem in der Bar jeder bereits schwer einen Sitzen hat, ein Zimmer in einer Baracke 90 Dollar kostet und für Benzin ein Vielfaches des normalen Preises verlangt wird, beschließen wir trotz Nacht ins naechste Dorf 200km entfernt, weiterzu fahren und sind froh, dass wir noch unsere vollen Reservetanks mithaben.

Von Bajo Caracoles kommen wir auf einen weiteren Fixpunkt unserer Reise: die Ruta 40, auch Ruta Magica genannt, die sich vom Norden bis zum Süden Argentiniens erstreckt. Zu unserem Glück ist die Strasse asphaltiert, denn der Wind, der uns um die Ohren zieht, ist ganz und gar nicht lustig und beide hoffen wir, dass er uns nicht von der Strasse fegt. Die wenigen ruhigen Momente bevor der nächste Windstoß uns am Motorrad vor Schreck erstarren lässt nutzen wir dazu gen Himmel zu schauen, denn da funkelt ein wunderschoener  Sternenhimmel, denn wir so zuletzt in der Wueste im Iran gesehen haben. Nach ein paar Stunden erreichen wir ziemlich fertig Gobernador Gregores, einer, zu unserer Überraschung, relativ großen Stadt, wo wir auch eine erschwingliche Unterkunft finden.

Auf der 40 geht“s am nächsten Tag weiter. Da anscheinend Argentinien bestrebt ist die 40er komplett zu asphaltieren, fahren wir von einer Baustelle mit Umfahrung zur nächsten, bis Bastl vorschlägt bei einem frisch asphaltierten Teilabschnitt nicht die mit Schlaglöchern übersäte Umfahrung zu nehmen, sondern einfach durchzufahren. Dementsprechend schauen unsere Bikes nachher aus 🙂 Irgendwann enden die Baustellen und der Asphalt, und was sich uns da bietet, ist alles andere als ein Fahrvergnügen. Der Wind pfeift uns in einer Stärke um die Ohren, die wir so noch nicht erlebt haben und die zwei engen Fahrstreifen sind umgeben von ca. 20cm tiefen Schotter. Die naechsten Stunden sind gepraegt von absoluter Konzentration und beide haben wir aufgrund der starken Windboen Schwierigkeiten die Spur zu halten. Nicht einmal weht es mich in den tiefen Schotter, jedesmal ein gewaschener Adrenalinstoss, und ich bin überrascht (und dankbar), wie Eva2 auch hier die Kontrolle behaelt und sich relativ leicht wieder auf die Fahrspur manövrieren lässt.  Fix und fertig erreichen wir das nette Bergdörfchen Chalten, bekannt für die wunderschönen Granitberge Fitz Roy und Cerro Torres, die hinter dem Dörfchen in den Himmel ragen. Beide wundern wir uns, warum die 40 die „magische“ genannt wird, bei dem Streckenabschnitt den wir gefahren sind, ist wohl das einzig magische wenn es einen nicht zerlegt…

Chalten ist der Startpunkt für viele Wanderrouten und dementsprechend touristisch. Wir finden eine nette, erschwingliche Unterkunft und, da es aufrund des schlechten Wetters zugezogen ist, bleiben wir ein paar Tage hier und warten auf den Wetterumschwung. Bastl hat – wie sollte es anders sein – wiedermal einen Platten, der mit Hilfe des örtlichen Reifenflickers relativ schnell wieder behoben ist. Wir machen einen Ausflug zum nahe gelegenen Huemel Gletscher. Die Strasse dahin führt uns durch ein wunderschönes Tal mit wunderschönen herbstfarbenen Bäumen. Am Pfad hinauf zum Gletscher fängt es an zu schneien, es ist absolut ruhig und zu beobachten, wie die Schneeflocken die Baeume langsam weiss einkleiden, hat für mich etwas meditatives. Vom Gletscher selbst sehen wir aufgrund des Schnees und Nebels leider wenig, nichtsdestotrotz eine sehr schöne Wanderung.

Nach ein paar Tagen ist es dann soweit, das Schlechtwetter ist wie weggeblasen und bereits in der Früh haben wir von unserem Hostel aus einen wunderschönen Blick auf die Spitze des Fitz Roys. Nach dem Fruehstueck brechen wir auf und erreichen nach zwei Stunden die Laguna Capri, einen Bergsee, wo wir beide von der schier wunderschönen Spiegelung des Berges fasziniert sind. Hier beschließen wir umzukehren und noch am selben Tag unseren Weg nach Calafate, dem Ausgangspunkt für den  weltbekannten Perito Moreno Gletscher, fortzusetzen.

In Calafate angekommen spricht uns ein Pärchen aus Linz auf der Strasse an, die für 6 Monate Südamerika bereisen. Auch im Hostel in Calafate treffen wir zwei weitere sehr sympathische Österreicher, Elisabeth und Peter, die ebenfalls Südamerika erkunden. Da wir den Sonnenaufgang beim ca. 80 Kilometer entfernten Gletscher sehen möchten, brechen wir in aller Frühe auf. Allerdings hat es – 2,5 Grad und mit 130km/h und dementsprechenden Fahrtwind erreichen wir nach 45 Minuten komplett durchgefroren den Nationalpark. Ein wenig später stehen wir vor dem Gletscher… wo es uns gleich mal die Sprache verschlägt. In ca. 100m Entfernung ragt ein 70m hohes und einige Kilometer langes Eismassiv direkt vor uns empor. Wir sind einer der ersten, es ist total ruhig und wir sind nicht nur hin und weg von dem Anblick, den wir hier sehen dürfen, auch die Klänge, die der Gletscher erzeugt, sind schier unglaublich, eine einzigartige Mischung aus Knistern, Knarren und Krachen, das scheinbar von einer Gletscherspalte zur nächsten gereicht wird. Ab und zu hören wir ihn Kalben und Eisbrocken ins Wasser stürzen.  Nach und nach lässt die Sonne diesen riesigen weißen Eiskoloss in einem schillernden Blau erstrahlen, wie ich es noch nie gesehen habe.

Hier treffen wir Peter und Elisabeth wieder und verbringen ein paar sehr nette Stunden miteinander, darauf wartend, dass sich ein riesiger Gletscherbrocken, welcher sich über die gesamte Länge erstreckt und sich bereits ein wenig vom Massiv gelöst hat, niederbricht. Die Beiden und die meisten anderen Touristen, die mit dem Bus gekommen sind, treten die Rückreise an und wir beschließen noch ein wenig zu bleiben, in der Hoffnung, das Naturschauspiel doch noch erleben zu dürfen. Und wie so oft,  haben wir Glück. Irgendwann vernehmen wir ein immenses krachen und scheinbar in Zeitlupe, gleitet der riesige Eisbrocken ins Wasser, begleitet von Geräuschen aufschwappenden Wassers und, aufgrund des plötzlichen Temperaturunterschieds, dem Springen von Eis, das über die gesamte Umgebung hallt. Ein schier unglaubliches, unvergessliches Erlebnis.

Von Calafate brechen wir Richtung Chile  nach Puerto Natales auf, wo wir den Torres del Paine Nationalpark besuchen möchten.  Ein paar Kilometer vor der Grenze sehe ich Sebas immer wieder auf seinen Reifen schauen und, keine Ahnung wie er es wiedermal geschafft hat, hat er wieder einen Platten. Diesmal tritt die Luft nur ganz langsam aus und da wir keine Lust haben einen Reifenflickstop zu machen, setzen wir den Weg fort und pausieren alle 50 Kilometer um den Reifen wieder aufzupumpen. Bei Rio Turbio, einer, zu unserer Überraschung, schönen Minenstadt, passieren wir die Grenze und kurze Zeit später erreichen wir Puerto Natales, einer, an einem schönen See gelegenen Kleinstadt und Ausgangspunkt für Wanderungen in den Nationalpark.

Wir finden eine nette Unterkunft und bei genaueren Betrachtung Bastls Reifen, der mittlerweile nicht nur wie ein Slick aussieht, sondern bereits irgendwelche Drähte zum Vorschein kommen, beschließen wir auf den Nationalpark und einen Besuch von Punta Arenas, der südlichsten chilenischen Stadt, zu verzichten und stattdessen mit dem Schiff nach Puerto Montt zu fahren, wie wir gehört haben, eine der beeindruckendsten Schiffsfahrten der Welt. Allerdings ist das nächste Schiff bereits ausgebucht und so verbringen wir eine gemütliche Woche in Puerto Natales und warten auf das nächste. Das Dorf hat eine sehr angenehme Atmosphäre und viele nett gestaltete Bars und Lokale. Trotzdem, nach mehr als einer Woche bin ich froh, als wir endlich aufs Schiff kommen.

Entweder wir haben wettermaessig Pech oder der Betreiber der Schiffsroute hat eine sehr gute Marketingabteilung, denn so aufregend, wie wir gehört haben, ist die Fahrt dann doch nicht. Es geht an vielen Fjorden entlang, die am ersten Tag noch beeindrucken, dann am zweiten und dritten halt nicht mehr so aufregend sind. Trotzdem haben wir es nett, das Essen, obwohl Kantine, ist richtig gut und wir lernen ein paar nette Argentinierinnen kennen und treffen das Linzer Pärchen wieder, das gemeinsam mit einem Mädl aus Deutschland unterwegs ist. Am zweiten Tag wird“s dann spannend, wir passieren den Golfo de la Pena, wie uns gesagt wird, einer eher schwankenden Passage der Fahrt… und fürwahr 🙂 Im Vergleich zum Vortag sind die Wellen riesig, es stürmt und das Schiff neigt sich von einer Seite zur nächsten. Es wird richtig ruhig, der vorher volle Barbereich ist wie ausgestorben und die wenigen Leute die man antrifft, starren kreidebleich in die Gegend. Bastl und mir gehts ganz gut, wir haben zwar ein flaues Gefühl im Magen und Bastl legt sich nach dem Abendessen sicherheitshalber in die Kabine, aber an der Reling landen wir nicht 🙂

Den letzten Abend verbringen wir Mäxchen spielend mit den Österreichern und dem Mädl aus Deutschland. Für die dies nicht kennen: Mäxchen ist ein Trinkspiel welches wir in der Schulzeit oft gespielt haben und manchmal sehr übel enden kann… und das tut es auch. Nachdem wir zu sechst sechs oder sieben Flaschen Wein, eine Flasche Vodka und zig Bier vernichtet haben, bekommen Bastl und ich am nächsten Tag die Rechnung präsentiert. Als wir in Puerto Montt ankommen sind wir komplett fertig und wanken mit mehr als flauem Magen zu unseren beiden Mädls, die die Reise im Ladebereich gut überstanden haben… im Gegensatz zu zig Kühen, die die 3 Tage in LKW Anhängern dicht aneinander gepfercht überstehen haben müssen. Wie es ihnen im Golfo de la Pena gegangen sein muss, online casino möchte ich gar nach wissen…

In Puerto Montt geht“s direkt zu KTM, das nächste Service ist fällig und wir brauchen neue Reifen. Hier lernen wir Juan, den KTM Mechaniker, kennen, der 28 Jahre in Spanien gelebt und für das KTM/Red Bull Racing Team gearbeitet hat. Unsere beiden Babies sind wiedermal in guten Händen und nach 2 Stunden sind sie bereit für die Weiterreise. Da Eva Uno, sprich meine bessere Hälfte, ein Meeting im 1.100 km entfernten Santiago hat, beschließe ich sie zu überraschen. Allerdings kommt sie dort bereits am nächsten Tag an und so entscheide ich mich über Schnellstrasse, die Ruta 5, die wir bereits in entgegengesetzter Richtung Gefahren sind, hinaufzudüsen. Sebas, der dieselbe Strecke nicht nochmal fahren will, setzt bereits hier nach Argentinien über und wir vereinbaren, uns in ein paar Tagen in Mendoza zu treffen.

Ob die Überraschung von Eva geklappt hat und warum der Norden Argentiniens mindestens genauso atemberaubend war wie der Süden, das ist eine andere Geschichte. Stay tuned 🙂

 

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