<!–:de–>Kolumbien – Karneval, Kolonialstadt und Kaffee<!–:–><!–:en–>Colombia – Carneval, Colonial and Coffee<!–:–>

Written by Sebastian on April 26th, 2012. Posted in Allgemein

Martin: Von Santa Marta gehts auf nach Barranquilla, wo der größte und bekannteste Karneval Kolumbiens stattfindet. Es ist das größte Ereignis des Jahres in dieser Region. Was wir natürlich nicht bedacht haben, ist dass wir wahrscheinlich nicht die einzigen sind, die da hinwollen und so erwartet uns am Busbahnhof von Santa Marta eine ca. 50 Meter lange Schlange. Zu unserer Überraschung geht alles relativ flott, nach nur einer halben Stunde sitzen wir bereits im Bus zur größten Party des Landes. Wir erreichen Barranquilla und fahren an einer der Umzugsstraßen entlang, bis auf einmal Eugenie aufschreit das wir da sind und uns zum Aussteigen auffordert. Allerdings hat sie ihren Sitznachbarn falsch verstanden und nach kurzer Unterredung mit einigen Passanten erfahren wir, dass der Karneval am anderen Ende der Stadt startet….

Die Leute sind wieder unglaublich freundlich und helfen uns ein Hotel zu finden, wo wir unser Gepäck günstig aufbewahren dürfen, denn an eine Übernachtungsmöglichkeit ist so kurzfristig leider nicht zu denken. Restlos ausgebucht oder sau teuer. Das Hotel organisiert uns ein Taxi, das uns zu einem bereits sehr belebten Viertel führt, die Stimmung ist großartig, die Sitzbereiche entlang der Umzugsstrasse vollgepackt mit Schaulustigen, die sich mit Bier und Schaumspray in Stimmung bringen. Wir kaufen uns eine der typischen Hüte und zwängen uns durch die Menge, wo uns alle paar Schritte eine Schaumdusche erwartet. Dann geht es los, eine kostümierte Tanzgruppe nach der anderen bewegt sich mit super Musikbegleitung der Strasse entlang, die Leute johlen und tanzen mit, sogar die vergitterten Fenster eines Gefängnisses sind vollgepackt mit Häftlingen, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollen.

Wir erfahren, dass es nicht nur einen Umzug gibt, sondern viele, auf verschiedene Viertel der Stadt verteilt. Also fragen wir einen Rikshafahrer, wo noch die Post abgeht. Der bringt uns zu einer Tankstelle wo sich eine Gruppe kostümierter Kinder auf ihren Tanzauftritt vorbereitet. Wir sind sofort von ihnen umringt und sie laden uns ein, sie bei ihrem Umzug zu begleiten. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen, und so marschieren wir hinter den Kids, die eine tolle Performance hinlegen, auf der Straße entlang. Die Leute winken auch uns zu und alle 20 Meter bittet uns jemand um ein gemeinsames Photo. Irgendwie sind wir ebenfalls zur Attraktion geworden und unsere Verwunderung, warum wir keine anderen Touristen sehen, klärt sich als mich jemand sehr nett fragt was wir hier machen, da wir doch in einem der ärmsten Viertel der Stadt sind.

Die Stimmung ist unglaublich, alle Leute lächeln uns an, winken uns zu, laden uns auf ein Getränk ein; sie scheinen sich wirklich zu freuen, dass wir in ihr Viertel gekommen sind, das von anderen Touristen anscheinend gemieden wird. Und vielleicht ist das auch ein wichtiger Punkt: hätten wir gewußt, dass dies ein gefährlicheres Viertel ist, wären wir vielleicht den Leuten gegenüber skeptischer, misstrauischer gewesen, was wiederum auch eine Auswirkung auf deren Verhalten gehabt hätte. So aber, sind wir von beginn an offen, freuen uns mit den Leuten in Kontakt zu kommen und mit ihnen dieses unglaubliche Fest zu feiern. Wir erleben keinen einzigen gefährlichen Moment, keinen einzigen Augenblick, wo wir uns unwohl fühlen. Ganz im Gegenteil, die Stimmung ist der absolute Hammer, die Leute unglaublich nett und wir langsam ziemlich besoffen 🙂

Als es anfängt dunkel zu werden fahren wir zurück zum Hotel um unsere Sachen für die Weiterreise nach Cartagena zu holen. In der Nähe des Hotels sehen wir eine offene Bar mit lauter Salsa Musik und nach kurzer Unterredung und Blick auf die Uhr beschliessen wir uns hier noch ein Abschiedsbierchen zu genehmigen. Bei dem bleibts natürlich nicht 🙂 Die Stimmung ist toll, immer mehr Leute fangen an Salsa zu tanzen und es dauert nicht lang, da werden auch wir zum Tanzen aufgefordert… zur Belustigung aller Anwesenden. Leider sind wir nicht mit Rythmus im Blut aufgewachsen wie anscheinend jeder hier und so sehr wir uns bemühen und hoffen, dass uns die unzähligen Bierchen auftauen, die Steifheit ist nicht wegzubringen; aber was solls, es macht ungeheuer Spaß, auch wenn wir uns bewegen wir Roboter 🙂 Als wir nach ein paar Stunden gehen müssen um den letzten Bus zu erwischen bitten sie uns hier zu bleiben und den Abend mit ihnen zu feiern… die Gastfreundschaft in Kolumbien ist einfach unglaublich!

In der Nacht kommen wir in Cartagena an, wo uns ein Taxi zum nächstbesten Hostel führt. Die Unterkunft ist nicht aufregend, aber nach dem langen Tag in Barranquilla sehnen wir uns einfach nur nach einem Bett. Cartagena ist eine der Top Touristendestinationen Kolumbiens und das nicht ohne Grund, war sie doch eine der ersten Städte die die Spanier in Südamerika gegründet haben. Direkt an der Karibik gelegen hat sich die Stadt ihr koloniales Zentrum erhalten, durch welches wir entspannt durchschlendern. Sie ist leider auch ziemlich touristisch und wir haben Glück dass Nebensaison ist, wodurch die Strassen relativ leer sind. Cartagena hat zwar keine schönen direkten Strände, die befinden sich ein wenig ausserhalb, aber die sehr gut erhaltenen in unterschiedlichen Farben gestrichenen Kolonialhäuser und die Festung sind beeindruckend genug und einladend, hier ein paar Tage zu verbringen und in angenehmer Atmosphäre zu entspannen.

Unser Spaziergang findet nach dem Mittagessen ein jähes Ende, nachdem Eugenie auf einmal mit Magenkrämpfen beinahe zusammen bricht und wir sie gerade noch rechtzeitig in eine Bar begleiten, wo sie das Mittagessen wieder los wird. Mich erwischt es am nächsten Tag und die nächsten zwei Tage sind geprägt von starken Magenkrämpfen und Fieber. Ganz untypisch für Bastl hats ihn diesmal zum Glück nicht erwischt, und so vegetieren nur Eugenie und ich mit wahrscheinlich einer leichten Lebensmittelvergiftung dahin. Nach zwei Tagen gehts rasch wieder besser und nachdem ich lange nicht mehr krank war bzw. solche Schmerzen gehabt habe, wird mir wieder bewußt, was für ein Geschenk es ist, gesund zu sein.

...not only the headquarter of Pablo Escobar, also Colombia´s most famous painter, Botero, lived here..Von Cartagena gehts weiter südlich nach Medellin, wo sich kurzfristig der Cousin von einem Freund von Sebastian mit seiner Freundin für uns Zeit nimmt und uns die Stadt zeigt. Wir hatten keine konkreten Erwartungen, was uns in Medellin erwartet, und wußten eigentlich nur das der berühmt berüchtigte Drogenboss Pablo Escobar hier sein Unwesen getrieben hat und das Kolumbiens berühmtester Maler, Botero, hier lebte. In einem Tal gelegen, ist es eines der Wirtschaftsmetropolen Kolumbiens mit einem sehr modernen Metro System und umgeben von schönen Nationalparks, die man teilweise ganz einfach via Seilbahn von der Stadt aus erreicht. Dort angekommen, kann man sich gratis ein Bike ausborgen oder an den halbstündig stattfindenden geführten Spaziergängen teilnehmen. Neben dem Hauptproduzenten von Strom ist es übrigens auch Kolumbiens Hauptstadt der Schönheitschirurgie.

Die Seilbahn führt uns über ein Armenviertel und die Bewohner sind so stolz darauf, dass sie penibel darauf achten, dass die Straßen sauber sind. Auch auf der Seilbahn oder in den Stationen findet man vergeblich jegliche Art von Graffitis. Im Unterschied zu vielen anderen Metropolen hat die Stadregierung von Medellin die Armenbezirke nicht abgeschottet, sondern integriert die Bewohner in die Politik und Stadtentwicklung. Dieser proaktive Zugang hatte eine beeindruckende Auswirkung auf die Kriminalitätsrate und die Beteiligung der Bevölkerung IHRE Stadt schön zu gestalten.

Juan Eduardo und seine Freundin Diana führen uns in den wunderschönen Stadteil Sabaneta mit seiner traditionallen Bars und Restaurants und gemeinsam erkunden wir das Nachtleben in einem der Ausgehstadteile der Stadt. Was den berühmten Pablo betrifft, der ist mittlerweile zur Touristenattraktion geworden, die sein Haus kurz außerhalb Medellins besuchen können. Während die armen Kolumbianer ihn wie einen Robin Hood verehren, weil er die armen Viertel finanziell stark unterstützt hat, ist er bei den “reicheren” verhaßt, da diese oft Opfer von Entführungen und Lösegeldforderungen wurden. Er hatte sogar einen eigenen Zoo der für die Bevölkerung gratis zugänglich war.

Nach 2 super Tagen in Medellin geht unsere Reise weiter in den Süden in die Nähe von Manizales, eine der drei Städte des sogenannten Kaffee Dreiecks. Dort kommen wir mitten auf einer Kaffeeplantage in der Hacienda Venecia unter, wo wir zwei Nächte bleiben und an einer Tour durch die Plantage teilnehmen, wo uns sehr Interessantes über Kaffeeproduktion und -sorten erklärt wird. Kaffee kommt übrigens aus Äthiopien, wo sich vor laaaanger, langer Zeit ein Ziegenhirte gewundert hat, warum seine Ziegen jedesmal wie die Wahnsinnigen über die Felder hirschen, nachdem sie die Früchte eines kleines Strauchs gefressen haben. Neugierig, hat er sie ebenfalls probiert und von da an hat Kaffee begonnen die Welt zu erobern.

Nachdem wir uns schon gewundert haben, dass der Kaffee bis jetzt nicht sonderlich aufregend war, erfahren wir hier warum: 99% der qualitativ hochwertigen Bohnen sind für den Export bestimmt, während der “Abfall” für den Heimmarkt benutzt wird und als Cafe “Tinto” bekannt ist. Damit dieser halbwegs genießbar wird, wird er stark geröstet, heiß serviert und mit viel Zucker getrunken. Der Grund ist ganz einfach: am Exportmarkt kann mit den hochwertigen Bohnen viel mehr verdient werden. Somit kommen die meisten Kolumbianer traurigerweise niemals in den Genuss ihres eigenen weltbekannten Kaffees.

Nach unserem Besuch der Kaffeeplantage heißt es leider Abschiednehmen von diesem wunderschönen Land, es geht weiter nach Ecuador, da Eugenie in wenigen Tagen ihren Heimflug von Quito antritt. Kolumbien ist ein Land, das uns alle sehr berührt hat und wir in unser Herz geschlossen haben. Die unglaubliche Gastfreundschaft und Freundlichkeit der Kolumbianer, beeindruckende Landschaften und Geschichte machen dieses Land für uns zu etwas ganz Besonderem. Umso trauriger ist es, dass es noch immer unter einem Ruf leidet, der absolut nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Bevölkerung ist es genauso leid ständig damit konfrontiert zu werden, wie es uns auf die Nerven geht, noch immer teilweise nur als Land der Nazis in Verbindung gebracht zu werden.

In Ecuador heißt es nicht nur Abschiednehmen von Eugenie, es wird auch der Startpunkt eines 5.000 km Reisemarathons… aber das ist eine andere Geschichte. Stay tuned 🙂

 

 

 

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